Buchvorstellung

"Österreich liest" – bei dieser Bibliotheksaktion las der Autor
Christoph W. Bauer aus seinem  Buch „Graubart Boulevard“.      


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Bibliotheksobfrau Bärbl Kneringer stellt Christoph W. Bauer vor.

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Der Autor bei seiner Einleitung.

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Gespannt verfolgen Johanna Kittinger, Stefan Mantl, Claudia Ettlinger
und Bärbl Kneringer die Erzählungen des Autors.

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Applaus gab’s auch von Maria-Luise und Stefan (hinten),
sowie von den anderen Zuhörerinnen.

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Fragen von Barbara Cia, die mit Ehemann Andreas und ihrer
Freundin Alberta Krabacher-Kuprian aus Mötz gekommen war.

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Barbara Kneringer und Christoph W. Bauer mit seinem  Buch „Graubart Boulevard".

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Anschließend wurde noch länger über die "damalige" Zeit diskutiert.
Im Bild Bärbl, die neue Bibliotheksmitarbeiterin Susanne, Andrea und Liebtraut.

Das Festhalten von Zeit

Christoph W. Bauer über seine Recherchen zur Geschichte einer jüdischen Familie in Innsbruck.

TT: Wie sind Sie auf die Geschichte der Kaufmannsfamilie Graubart gestoßen?
Christoph W. Bauer: Ich bin auf Richard Graubart bei meiner Arbeit zum „Alphabet der Häuser" (Innsbruck-Roman, Anm.) gestoßen. In einem Zeitungsarchiv habe ich eine Todesanzeige von Simon Graubart, seinem Vater gesehen, er ist 1936 gestorben. Die Anzeige war eine halbe Seite groß. Ich dachte, das muss eine honorige Persönlichkeit gewesen sein. Ich begann, mich mit der Familie zu beschäftigen, mit ihren galizischen Wurzeln und entdeckte, dass es noch Nachkommen gibt. Ich bin täglich an ihrem ehemaligen Geschäft in der Museumstraße vorbeigekommen und habe mich gefragt: Was erinnert noch an diese Familie? Ich weiß nicht, ob das auch eine Rolle gespielt hat, Richard Graubart war, als er ermordet wurde, gleich alt wie ich jetzt.
TT: Richard Graubart wurde, knapp 40, im November 1938 von Nazis in seiner Wohnung im Innsbrucker Saggen ermordet. Wie ist es Ihnen mit dieser Nähe zur Geschichte ergangen?
Bauer: Man geht dieselben Wege durch die Stadt. Das war schwierig und hat auch zumindest für eine Zeit lang den Blick auf die Stadt neu geöffnet. Abseits dieser Sportstadt gibt es etwas anderes. Dinge, die es wert sind, erzählt zu werden. Man rechnet natürlich mit solchen Schicksalen, aber die Brutalität hier vor Ort vorzufinden, war schrecklich.
TT: Sind Sie ein Chronist?
Bauer: Wenn man schreibt, ist man immer irgendwie Chronist. Man versucht eine gewisse Zeit, mit welchen Mitteln auch immer, einzufangen. Das war bei mir in der Lyrik genauso wie beim „Alphabet der Häuser" wie bei „Graubart Boulevard". Für mich ist das Schreiben, ohne den Versuch, etwas festhalten zu wollen, gar nicht denkbar. Vielleicht liegt darin auch der Grund, warum ich schreibe. Ich will ein Stück Zeit festhalten.
TT: Das Verbrechen an Richard Graubart wurde nie restlos aufgeklärt. Sie stellen in Ihrem Buch viele Fragen. Sie sind nicht nur ein Stilmittel.
Bauer: Oft ist es besser, eine Frage zu stellen, als eine plumpe Antwort zu geben. Gerade im Umgang mit Opfern und Tätern lässt sich keine klare Antwort geben. Ich kann nicht feststellen, so ist es gewesen. Es ergeben sich immer neue Fragen. Ich glaube, dass die Fragen für die Figuren im Buch und auch für die Leser besser sind.
TT: Sie streifen in ‚Graubart Boulevard auch nationalsozialistische Tendenzen im Skisport. Ein Thema, das Sie noch weiterverfolgen?
Bauer: Dass einer der möglichen Täter Skilehrer war, ist Zufall. Ein Stück der Tiroler Geschichte ist aber auch Skigeschichte. Generell gebe es zum Sport in der Zeit des Natio-nalsozialismus und Austrofaschismus noch viel zu sagen.
TT: Sie haben Nachfahren der Täter und Opfer getroffen?
Bauer: Ja und ich bin teilweise sehr positiv aufgenommen worden. Ich habe lange überlegt, ob ich zu den Tätern einen fiktiven Teil schreiben soll. Aber dann dachte ich: das ist absurd. Wenn ich die Opfer nenne, muss ich auch die anderen nennen.
TT: Die Zeitzeugen werden weniger.
Bauer: Man kommt immer zu spät. Michael (Neffe von Richard) ist 78 Jahre alt und Vera (Tochter) ist 74. Margarethe, seine Frau, hat noch bis 2002 gelebt. Ich habe sie nicht mehr gesprochen.
Das Gespräch führte Sabine Strobl, Tiroler Tageszeitung vom 9. Oktober 2008