Chronik: Die Glocken Teil 2

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Der Obsteiger Dorfchronist Hubert Stecher stellt Beiträge über unseren Heimatort Obsteig auf ObsteigAktuell für alle Interessierten ins Netz.
 
Die Glocken – Teil 2

Kaum vorstellbar ist unsere Kirche ohne ihren Turm, in dem hoch oben die Glockenstube untergebracht ist. Je höher die Glocken hängen, umso weiter dringt ihr Schall, stellt man sich wenigstens vor.
Der Turm ist nicht so alt wie die Kirche selbst, die im Jahr 1774 vollendet und 1786 eingeweiht wurde. Manche Quellen vermitteln uns, er sei um 1850 gebaut worden.
In den Kirchenrechnungen, die im Pfarrarchiv seit dem Kirchenbau lückenlos aufliegen, lassen sich für die Zeit um 1850 zwar keinerlei Mehrausgaben finden, wohl aber auffällige Arbeits- und Materialkosten in den Jahren 1834/35, die auf ein größeres Bauvorhaben schließen lassen. Mit etwas Vorsicht könnte man hier an den Bau des Kirchturms denken.
Doch: Was war davor? Kein Turm – keine Glocken, wäre ein logischer Schluss.
Hinweise aus den Archiven sprechen eine andere Sprache, aber es ist alles ein wenig verwirrend.
Fest steht: Die Kirche hatte von Anfang an Glocken und es gab schon ab 1791 einen Turm.

Über die Geschichte des Obsteiger Geläutes klare Aussagen zu machen, bereitet Schwierigkeiten, denn Eintragungen im Landesarchiv und im Pfarrarchiv lassen  nicht eindeutige Schlüsse zu.
Demnach hatte Obsteig spätestens 1785 zwei Glocken angekauft (360 Gulden), (Landesarchiv), 1787 zwei neue Glockenseile, 1790 ein neues Glockenseil, und ebenso 1790 von einem Rietzer Turm zwei Glocken abnehmen und herbeischaffen lassen (vielleicht jene, die bereits 1785 angekauft worden waren?)
Aber erst 1791 wurde für das Auszeigen des Turmholzes etwas ausgegeben, dem Zimmermeister Ander Kuen eine große Summe bezahlt und viel für die Nägel zum Turmdach beglichen (Pfarrarchiv).
Glocken und Seile waren also schon da, bevor ein Turm stand. Man könnte an ein provisorisches Gerüst denken.
Eindeutig wurde laut den Eintragungen bereits 1791 an einem Turm gebaut, und in einer etwas späteren Kirchenrechnung ist auch die Rede von einer Turmuhr.

Turmuhr1 Stecher

Turmuhr2 Stecher

(Die letzte mechanische Turmuhr, die den Stundenschlag der Glocken regelte, stammte von den berühmten Uhrmachern Gebrüder Jäger aus Kappl (1898), die auch jene des Innsbrucker Doms schufen. Wahre Künstler des Schlosser-, Schmiede- und Uhrmacherhandwerks!)

Schwer zu sagen, welcher Art dieser erste Kirchturm war und weshalb schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der nächste errichtet wurde. Oder wurde er nur geändert?
(Es wird dem Obsteiger Turm wohl nicht so ergangen sein, wie dem Nassereither, der im Jahr 1699 bei einem Starkregen einbrach.)
Doch weiter zu den Glocken: Im 19. Jahrhundert bestand das Geläute aus dem schon erwähnten Sterbglöckchen und drei weiteren, größeren Glocken.
Der Obsteiger Lokalkaplan Florian Attlmayr teilt am 1. September 1867 anlässlich einer Kircheninventur das Gewicht der Glocken mit (Stiftsarchiv Stams):

 

Glockenangabe
„Glocken im Thurm.

 Die Große wiegt 8 Zt (Zentner)
 die nächste          5 Zt
 die kleine           3 ½ Zt
 die kleinste         1 ½ Zt“. (Sterbglocke)
(Ein Zentner war 50 kg.)
Auch der Brixener Diözesanhistoriker Georg Tinkhauser schreibt in seiner „Beschreibung der Diözese Brixen“ Bd.III, 1886, in diesem Sinne.
Nicht bekannt ist, welchen Heiligen die Glocken geweiht waren und ob sie einen Spruch aufgegossen hatten.
Im Jahr 1914 brach der erste Weltkrieg aus und es wurde schon bald das Metall für die Kanonen knapp. Daher wurde in den  Kronländern Österreichs nach und nach alles geeignete Metall konfisziert. So musste bereits im September 1916 ein Teil der Obsteiger Glocken für Militärzwecke abgeliefert werden. Vorerst betraf dies aus der Pfarrkirche die „Große“, drei aus den Kapellen Wald, Thal und Finsterfiecht sowie jene aus der Totenkapelle.
Bereits am 17. Juli 1917 kam wieder der Befehl der Militärverwaltung, dass alle Glocken der Gemeinde mit Ausnahme der kleinsten in der Kirche abzuliefern wären. Es waren zwei aus der Kirche und sechs aus den Weilern Weisland, Holzleiten (2), Gschwent, Aschland und Oberstraß.
Am 16. Februar 1918 musste der Orgelbauer Reinisch aus Steinach die aus Zinn bestehenden Orgelpfeifen ausbauen und an das Kriegsministerium Abt. 21 abliefern.
Alles buntmetallene Gerät aus den Haushalten ( z.T. auch Türschnallen) wurde beschlagnahmt. (Pfarrarchiv)
Der Krieg ging dennoch verloren.
 
                                                                   (Fortsetzung folgt)